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Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes über die Gestaltung und Durchführung des Jugendarrestes in Baden-Württemberg (Jugendarrestgesetz – JArrG)

STELLUNGNAHME / 10. September 2014

Die Landesgruppe Baden-Württemberg in der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V. nimmt zu dem Entwurf eines Gesetzes über die Gestaltung und Durchführung des Jugendarrestes in Baden-Württemberg wie folgt Stellung:

Die Landesgruppe begrüßt, dass durch das Gesetz eine rechtsstaatliche Grundlage für den Vollzug des Jugendarrestes und die damit verbundenen Eingriffe in die Grundrechte der Arrestanten geschaffen wird. Die Landesgruppe begrüßt es auch, dass mit dem Entwurf dem Arrest ein erzieherisches Konzept zugrunde gelegt wird. Zweifelhaft ist es allerdings, ob die mit dem Gesetz verfolgten kriminalpädagogischen Ziele dadurch erreicht werden können, dass die Vollzugsbediensteten zu Trainern für soziale Trainingskurse geschult werden. Die sozialen Trainingskurse und die weiteren im Jugendarrestvollzug indizierten kriminalpädagogischen Maßnahmen setzen Fachkräfte voraus, die über eine fundierte pädagogische und psychologische Ausbildung verfügen. Das erfordert die Einstellung von Sozialpädagogen und Psychologen.

In § 1 oder § 2 des Gesetzes sollte entsprechend § 2 Abs. 1 S. 1 JGG das Ziel aufgenommen werden, erneuten Straftaten des jungen Menschen entgegenzuwirken.

In § 4 Abs. 2 sollten die Jugendgerichtshilfe und die Bewährungshilfe ausdrücklich genannt werden. Die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit diesen Stellen sollte auch im Übrigen im Gesetz stärker zum Ausdruck gebracht werden.

In § 5 Abs. 1 S. 2 ist unklar, was unter Selbstkompetenz zu verstehen ist.

Nach § 9 Abs. 2 S. 3 ist der junge Mensch zur Teilnahme am Sport zu motivieren und sportpädagogisch anzuleiten. Insoweit ist es notwendig, dass der Jugendarrestvollzug über Mitarbeiter verfügt, die die entsprechende sportpädagogische Kompetenz aufweisen.

In § 10 Abs. 1 S. 2 sollte geregelt werden, dass dem jungen Menschen nicht nur die Hausordnung, sondern auch das Gesetz nicht nur auf Verlangen zugänglich zu machen ist.

In § 10 Abs. 4 S. 2 sollte vorgesehen werden, dass das Jugendamt nicht nur bei Minderjährigen zu informieren ist, denn die Zuständigkeit des Jugendamtes nach dem SGB VIII geht über die Minderjährigen hinaus.

Nach § 11 Abs. 1 S. 2 berücksichtigt die Einrichtung bei der Planung des Vollzugs nur diejenigen weiteren Informationen, die bereits vorliegen. Für eine sachgerechte Planung des Vollzugs kann es jedoch erforderlich sein, über Informationen zu verfügen, die über das Zugangsgespräch hinausgehen. Diese Informationen muss sich die Einrichtung beschaffen können. Soweit erforderlich, müssen dafür die Rechtsgrundlagen geschaffen werden.

In § 11 sollte eine Vorschrift aufgenommen werden, nach der der Förderplan gegebenenfalls fortzuschreiben ist.

  • 11 Abs. 5 S. 1 sieht eine Verpflichtung des jungen Menschen vor, an den im Förderplan vorgesehen Fördermaßnahmen mitzuwirken. Nach der Entwurfsbegründung können bei einem Verstoß gegen diese Verpflichtung gegebenenfalls Sanktionen nach § 22 verhängt werden. Dieser Ansatz, eine Mitwirkung zu erzwingen, passt schwerlich zu dem sonstigen kriminalpädagogischen Konzept des Gesetzes, das auf eine motivierende Lernatmosphäre im Jugendarrestvollzug setzt.

In § 19 Abs. 4 sollte ein Besuchsrecht auch für Betreuungshelfer, Bewährungshelfer und Jugendgerichtshelfer vorgesehen werden.

In § 20 sollte geregelt werden, dass der Ausgang auch der Erfüllung von Weisungen und Auflagen dienen kann.

Die Regelung über den Freizeit- und Kurzarrest in § 30 ist zu knapp. Zwar wird Freizeit- oder Kurzarrest nur in wenigen Fällen verhängt und sind diese Arrestformen kriminalpolitisch problematisch. Der Freizeit- und Kurzarrest ist aber weiterhin Bestandteil des geltenden Rechts. Daher muss der Vollzug des Freizeit- und Kurzarrests sachgerecht ausgestaltet werden und muss das Gesetz hierfür hinreichende Vorgaben enthalten. In der Entwurfsbegründung finden sich hierfür Ansatzpunkte.

In der Entwurfsbegründung wird zutreffend darauf hingewiesen, dass die Möglichkeiten des Jugendarrestes begrenzt sind und es daher für die wirksame Förderung der Entwicklung des jungen Menschen der Zusammenarbeit mit anderen Stellen bedarf. Dieser Gedanke muss in der Praxis stärker mit Leben gefüllt werden und hierfür müssen entsprechende Konzepte entwickelt werden. Ansonsten werden die kriminalpädagogischen Bemühungen im Jugendarrest zu kurz greifen.

Prof. Dr. Dieter Dölling

Die Stellungnahme können Sie unter dme folgenden Link herunterladen: Stellungnahme zum Entwurf eines Gesetzes über die Gestaltung und Durchführung des Jugendarrestes in Baden-Württemberg (Jugendarrestgesetz – JArrG)