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Pressemitteilung zum Abschluss des 30. Deutschen Jugendgerichtstages

20. September 2017

Vom 14. bis 17. September 2017 versammelten sich rund 850 Fachleute für Jugendkriminalität aus Wissenschaft, Polizei, Jugendhilfe und Justiz zum 30. Deutschen Jugendgerichtstag (JGT) an der Freien Universität Berlin. Die hohe Besucherzahl zeigt das große Interesse der Fachwelt an einer fundierten und durchaus auch kritischen Auseinandersetzung mit dem Umgang mit straffällig gewordenen jungen Menschen. Der Deutsche Jugendgerichtstag wird regelmäßig von der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V. (DVJJ) ausgerichtet und stand in diesem Jahr unter dem Motto „Herein-, Heraus-, Heran-, – Junge Menschen wachsen lassen“. Neben aktuellen kriminalpolitischen Themen, die in Arbeitskreisen und Forenvorträgen intensiv diskutiert wurden, stand beim diesjährigen Jugendgerichtstag nicht zuletzt auch das 100jährige Jubiläum der ausrichtenden Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V. (DVJJ) im Mittelpunkt.

Zum Abschluss betonte die Vorsitzende der DVJJ drei zentrale Punkte, die in den Debatten immer wieder thematisiert wurden:
1. Heranwachsende sind im JGG richtig aufgehoben! Allen Versuchen, sie aus dem JGG und dem SGB VIII herauszudrängen, ist nachdrücklich zu widersprechen. Die flexiblen Reaktionsformen des Jugendstrafrechts werden Menschen, die sich noch in der Entwicklung und im Übergang befinden, besser gerecht als das allgemeine Strafrecht.
Die Altersgrenzen im Jugendstrafrecht werden immer wieder in Frage gestellt. Forderungen nach Senkung der Strafmündigkeit werden inzwischen nur noch von Parteien am äußersten rechten Rand vertreten. Forderungen hingegen nach Ausschluss der Heranwachsenden aus den Jugendsystemen finden breitere Zustimmung, vielfach auch aus allein finanziellen Gründen. Wenn das Ziel ist, Straftaten zu verhindern und junge Volljährige in Krisen auf den richtigen Weg zu bringen, ist das allerdings sehr unvernünftig. Die Einbeziehung der Heranwachsenden in das Jugendstrafrecht ist etabliert und bewährt.

2. Jugendstrafrecht gehört in die Hand von Spezialisten! Jede bekannt gewordene Straftat kann Ausdruck einer schweren Krise im Leben junger Menschen sein oder zu einer Krise führen. Gesunder Menschenverstand und allgemeine Kenntnisse im Recht, in Polizeiarbeit oder Sozialer Arbeit reichen nicht, um zu erkennen, wo die Ursachen im Einzelfall liegen und was die beste Reaktion ist. Diese Spezialisten können nur arbeiten, wenn ihnen das nötige Werkzeug zur Verfügung gestellt wird! Polizei, Justiz und Jugendhilfe brauchen Wissen, Zeit und Anerkennung. Es ist eine Zumutung, von der Praxis zu erwarten, dass sie das schon irgendwie alles schafft. Wer sein Personal nicht unterstützt, braucht sich nicht zu wundern, wenn sich Frust breit macht und Engagement schwindet. Zu fordern sind: auf Jugendstrafrecht spezialisierte Zuschnitte von Zuständigkeiten, regelmäßige Fortbildungen und institutionalisierte interprofessionelle Kooperation. Jugendstrafrecht muss in allen grundständigen Ausbildungen einen angemessenen Stellenwert haben.

3. Strafrecht bzw. Jugendstrafrecht müssen immer ultima ratio bei der Lösung sozialer und gesellschaftlicher Probleme sein! Ständig neue Kriminalisierungen oder erhöhte Strafandrohungen sind wohlfeil und politisch ein beliebtes Instrument, um Entschlossenheit zu zeigen. Wer aber das Strafrecht überfordert als Allzweckwaffe gegen unerwünschtes Verhalten, weicht es auf und schwächt seine Funktionsfähigkeit und Akzeptanz. Das Strafrecht bzw. das Jugendstrafrecht dürfen nicht immer wieder zum Spielball populistischer Rechtspolitik gemacht werden.

Die Pressemitteilung kann hier als pdf heruntergeladen werden.