Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren
Das Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren wurde am 16. Dezember 2019 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. I S. 2146) und ist damit in seinen wesentlichen Teilen am 17. Dezember 2019 in Kraft getreten. Die Regelungen zur audiovisuellen Aufzeichnung von Beschuldigtenvernehmungen in der StPO und die Verweisung in § 70c JGG sind zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten.
Das damit eng verknüpfte Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung wurde am 12. Dezember 2019 im Bundesgesetzblatt verkündet (BGBl. I S. 2128) und trat am 13. Dezember 2019 in Kraft.
Für das Jugendstrafverfahren ergeben sich wesentliche Neuerungen u. a. im Bereich der Aufgaben der Jugendhilfe im Strafverfahren/Jugendgerichtshilfe, der Mitwirkung der Verteidigung, der Beteiligung der Eltern und der Bild-Ton-Aufzeichnung von Beschuldigtenvernehmungen. Die DVJJ bietet hierzu diverse Fortbildungsveranstaltungen (Hannover, Köln und Frankfurt) an.
Eine vergleichende Übersicht über die Neuerungen finden Sie hier.
Außerdem finden Sie hier eine Einschätzung des Sprecherrates der Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendhilfe im Strafverfahren zu Veränderungen für die Praxis der Jugendhilfe im Strafverfahren aufgrund der Umsetzung der EU-Richtlinie 2016/800.
Weitere Dokumente zum Gesetzgebungsverfahren finden Sie auch auf den Seiten des Dokumentations- und Informationssystem für Parlamentarische Vorgänge (DIP), das vom Deutschen Bundestag und vom Bundesrat gemeinsam betrieben wird:
- Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren: http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP19/2517/251767.html
- Gesetz zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung: http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP19/2517/251736.html
Referenten- und Regierungsentwürfe sowie entsprechende Materialien der DVJJ
Am 11. Oktober 2018 wurde der Referentenentwurf des BMJV für ein Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren veröffentlicht. Veröffentlicht wurde auch der über Verweise verknüpfte Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung.
Eine Übersicht der Änderungen zum Referentenentwurf finden Sie hier. Stand 24.01.2019
Der Vorstand der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen e.V., sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Jugendhilfe im Strafverfahren in der DVJJ und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Polizei in der DVJJ, haben Stellungnahmen zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren sowie zu den das Jugendstrafverfahren betreffende Teilen des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung veröffentlicht.
Am 12. Juni 2019 wurde der Regierungsentwurf für ein Gesetz zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren veröffentlicht. Veröffentlicht wurde auch der über Verweise verknüpfte Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung.
Anschließend wurden die Entwürfe als Bundesratsdrucksache (BR-Drs. 368/19 vom 09.08.2019 und BR-Drs. 364/19 vom 09.08.2019) Ausschussempfehlungen (BR-Drs. 368/1/19 vom 09.09.2019 und BR-Drs. 364/1/19 vom 06.09.2019) veröffentlicht.
Hier finden Sie die aktuelle Stellungnahme der DVJJ zu den Regierungsentwürfen.
Hier finden Sie eine Übersicht über die im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren vorgesehen Änderungen des JGG sowie einige der im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung vorgesehen Änderungen der StPO.
Ausgangspunkt ist der aktuell (Stand: 18.06.2019) geltende Gesetzestext. Der Text ist in drei Schriftarten gehalten:
- Schwarze Schrift: Die Normalschrift zeigt an, dass es keine Änderung gegenüber dem alten Stand geben soll.
- Rote Schrift, unterstrichen: In roter Schrift (unterstrichen) werden die vorgeschlagenen Einfügungen angezeigt.
- Durchstreichungen: Durchstreichungen zeigen den aktuell geltenden Gesetzestext an, der nach dem Referentenentwurf gestrichen werden soll.
Ziel der Übersicht ist es, die im Referentenentwurf vorgeschlagenen Änderungen übersichtlich darzustellen und die bessere Lesbarkeit und Verständlichkeit des Entwurfs zu ermöglichen.
Außerdem finden Sie hier eine Übersicht über die Veränderungen, die die Regierungsentwürfe gegenüber den Referentenentwürfen enthalten. Von besonderem Interesse sind Folgende:
- Kann-Regelung bezogen auf Kostenauferlegung – § 38 Abs. 4 S. 3 JGG-E
- Verzicht auf Mitwirkung der JGH/JuhiS auf deren Antrag – § 38 Abs. 7 JGG-E
- Angemessene Frist zur Mitteilung des Termins der Hauptverhandlung – § 50 Abs. JGG-E
- Verlesung des Berichts nur unter den Voraussetzungen des Verzichts auf Anwesenheit – § 50 Abs. 3 JGG-E
- Gestattung der Anwesenheit einer anderen geeignete Person bei Nichterreichbarkeit der Erziehungsberechtigten – § 67 Ab. 3 JGG-E
- Anordnung der Unterbringung als Fall der notwendigen Verteidigung – 68 Nr. 5 JGG-E (i.Ü. keine sachliche Änderung, aber anderer Aufbau der §§ 68 ff. JGG-E im Reg-E aufgrund von Änderungen in den Regelungen der StPO)
- Verpflichtende audiovisuelle Aufzeichnung außerhalb der Hauptverhandlung nur bei Abwesenheit des Verteidigers in Fällen notwendiger Verteidigung – § 70 c Abs. 2 JGG-E
Die BAG Polizei hat nach Einarbeitung von Anmerkungen einen zweiten Formularentwurf mit Formulierungsvorschlägen für die polizeiliche Beschuldigtenbelehrung erstellt. Ausgedruckt kann das Formular Grundlage für eine Unterrichtung des Beschuldigten und seiner Erziehungs-/Sorgeberechtigten in der Vernehmung sein. Durch Unterstreichung, Markierung, Hervorhebung und Unterschriftszeichnung lässt sich die Belehrung zügig, individuell und auf den Sachverhalt angepasst dokumentieren. Eine Kopie kann an den Beschuldigten oder dessen Vertreter ausgehändigt werden.
Auf einzelne Belehrungspflichten zum Recht, schriftlich Stellung zu nehmen sowie zum Täter-Opfer-Ausgleich (§ 136 I Satz 6 StPO) wurde bewusst verzichtet. Besondere Konstellationen des Landesrechts fanden ebenfalls keine Anwendung. Dementsprechend erhebt das Formular keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit und abschließende Vollständigkeit. Es bezieht sich auf die vorliegenden Regierungsentwürfe eines „Gesetzes zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Jugendstrafverfahren“ und eines „Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der notwendigen Verteidigung“ vom 5. Juni 2019.
Da es sich um einen Vorschlag handelt, sind Anmerkungen durchaus erwünscht. Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an die BAG Polizei in der DVJJ oder den Verfasser (tilman.wesely@polizei.niedersachsen.de)!
Den Diskussionsentwurf finden Sie hier. (Stand: 05.03.2020)
EU-Richtlinie 2016/800
Das Europäische Parlament und der Rat haben die Richtlinie 2016/800 vom 11. Mai 2016 über Verfahrensgarantien in Strafverfahren für Kinder, die Verdächtige oder beschuldigte Personen in Strafverfahren sind, erlassen. Die Richtlinie wurde am 21. Mai 2016 im Amtsblatt veröffentlicht (ABl L132, S. 1 ff.), sie trat am 11. Juni 2016 in Kraft und enthält eine Umsetzungsfrist bis zum 11. Juni 2019.Die Richtlinie selbst können Sie hier einsehen.
Für den Zeitraum ab Ablauf der Umsetzungsfrist bis zur (nunmehr erfolgten, s. o.) Umsetzung durch die nationale Gesetzgebung, hatte die die DVJJ ein Hinweispapier zur Umsetzung veröffentlicht, Stand 23.05.2019. Dieses finden Sie hier.
Hier finden Sie die vom Vorstand der DVJJ und dem Sprecherrat der BAG Justiz und Anwaltschaft erarbeiteten Resolution zur EU-Richtlinie und die englische Fassung der DVJJ-Resolution zum Download.